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Arbeitsrecht im Profisport – Sind Berufssportler, insbesondere Fußballspieler, Arbeitnehmer im herkömmlichen Sinn oder Selbstständige?

Die Frage, ob Berufssportler Arbeitnehmer sind, hängt nach der gängigen Definition davon ab, ob der Betroffene auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.

Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann

Zu differenzierten ist zwischen Individual- und Mannschaftssportarten. Individual (Einzel-)- Sportler sind in der Regel unabhängig, bestimmen also den gesamten Inhalt ihrer Tätigkeit nach Zeit, Dauer und Ort des Trainings oder an welchen Wettkämpfen sie teilnehmen, selbst und sind nicht weisungsgebunden. Sie sind damit keine Arbeitnehmer im Sinne des § 611a BGB.

Allerdings kann der Individualsportler auch Arbeitnehmer sein, etwa dann, wenn er sich gegen Vergütung für einen längeren Zeitraum bei einem Verein verpflichtet und für ihn an Wettkämpfen und am Training teilnimmt. Denn dann ist er in die Struktur des Vereins eingebunden und weisungsunterworfen.

Mannschaftssportler, insbesondere die Profis, sind nach den Feststellungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) Arbeitnehmer ihrer Vereine respektive der in eine Kapitalgesellschaft ausgegliederten Lizenzspielerabteilung. Die Verträge zwischen Fußballprofis und Vereinen unterliegen damit dem Arbeitsrecht. Hierbei verwenden Vereine und Spieler zumeist den Musterarbeitsvertrag des Deutschen Fußball Bundes (DFB) und beziehen dessen Verbandssatzung und die der FIFA regelmäßig mit ein.

Aus der Arbeitnehmerstellung des Profis ergibt sich – wie für alle Arbeitnehmer – ein Beschäftigungsanspruch und aus der Arbeitgeberstellung des Vereins eine Beschäftigungspflicht.

Der Beschäftigungsanspruch ist neben der Vergütungspflicht eine Hauptpflicht des Vereins. Aufgrund dessen ist – obwohl in der Praxis durchaus vorkommend – eine einseitige Suspendierung des Arbeitnehmers grundsätzlich nicht möglich. Der Beschäftigungsanspruch des Profis (Arbeitnehmers) entfällt nur dann, wenn das Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung überwiegt, d.h. wenn dem Verein die Beschäftigung des Profis unzumutbar ist. Im Übrigen unterliegt der Profi den Weisungen des Vereinsvorstandes und des Trainers. Insbesondere betrifft dies spieltechnische Anweisungen, pünktliches Erscheinen zum Training, außerdienstliches Verhalten (vernünftige und gesunde Lebensweise, um die Leistungsfähigkeit zu erhalten) oder ggf. auch verletzungsanfällige Hobbies (Skifahren, Fallschirmspringen, Kampfsportarten) zu unterlassen. Er muss auch auf das Ansehen des Vereins in der Öffentlichkeit achten. Dabei sind die wechselseitigen Interessen des Vereins und des Sportlers gegeneinander abzuwägen.

Fraglich ist, wie weit der Beschäftigungsanspruch des Profis reicht.

a) Unstreitig hat er einen Anspruch auf Teilnahme am Mannschaftstraining, da er nur so seine Leistungsfähigkeit erhalten kann. Der Verein muss daher als Arbeitgeber dem Spieler die Teilnahme am Mannschaftstraining ermöglichen, damit er die vertraglich vereinbarte und von ihm geschuldete Tätigkeit, das Fußballspielen, im Rahmen der Mannschaft erbringen kann. Denn im Mannschaftstraining werden z.B. Spielzüge, Frei- und Eckstoßvarianten trainiert. Grundsätzlich ist daher ein Einzeltraining des Profis – auch als Strafmaßnahme – ausgeschlossen. Geschieht dies trotzdem, wird sein Beschäftigungsanspruch verletzt. Etwas anderes kann gelten, wenn ein Spieler nach einer Verletzung und dem damit einhergehenden Konditionsverlust erst wieder an seinen alten Leistungsstand herangeführt werden muss. In diesem Fall macht ein Einzeltraining Sinn und verstößt auch nicht gegen den Beschäftigungsanspruch.

Der Profi darf auch nicht zur Amateurmannschaft abgestellt werden. Dies wäre keine vertragsgemäße Beschäftigung. Nur durch ein Training mit der Profi-Mannschaft kann er seine Leistungsstärke erhalten. „Mangelnde Leistungsbereitschaft“ wie es oft so schön heißt, ist kein Grund, den Spieler „strafzuversetzen“.

b) Allerdings hat das BAG festgestellt, dass der Profi keinen Anspruch auf den Einsatz in Pflichtspielen des Vereins hat. Dies schon deshalb, weil der Spielerkader in der Regel ca. 25 Spieler umfasst und nur maximal 14 pro Spiel zum Einsatz kommen dürfen. Der Einsatz des einzelnen Spielers hängt von verschiedenen Faktoren ab (Kondition, Tagesform, taktische Erwägungen, spieltechnisches Harmonieren mit den Kollegen, usw.) und wird vom Trainer in Ausübung des arbeitgeberseitigen Weisungs- oder Direktionsrechts nach billigem Ermessen bestimmt.

Auch Vertragsstrafen, insbesondere Geldstrafen, sind zulässig. Voraussetzung ist, dass der Verein (Arbeitgeber) ein berechtigtes Interesse an der Vertragsstrafe hat. Das ist immer dann zu bejahen, wenn der Profi (Arbeitnehmer) seine vertraglichen Pflichten verletzt.

Will der Verein das Arbeitsverhältnis mit dem Profi beenden, kommen grds. die gleichen Kündigungsgründe in Betracht, wie bei „normalen“ Arbeitnehmern. Es gibt allerdings auch sportartspezifische Modifikationen.

Insbesondere im Profifußball werden oftmals „Abstiegsklauseln“ vereinbart. D.h. steigt der Verein von der ersten in die zweite Liga ab, beendet die Klausel das Beschäftigungsverhältnis automatisch. Der Grund für den Verein besteht darin, dass er das Gehalt des Spielers dann oftmals mit den – geringeren – Einnahmen aus der 2. Liga nicht mehr tragen kann oder will; für den Spieler ist mit einem Spielbetrieb in einer niedrigeren Liga ein Marktwertverlust verbunden, den er natürlich vermeiden möchte. Der Abstieg des Vereins stellt damit einen Sachgrund für einen befristeten, nämlich auflösend bedingten, Arbeitsvertrag dar. Für den Verein sind an ihre Wirksamkeit allerdings hohe Anforderungen geknüpft (Stichwort: Abwälzung des wirtschaftlichen Risikos auf den Profi). Nach der Rechtsprechung sind befristete Arbeitsverträge im Profisport zulässig, der sachliche Grund für die Befristung liege in der „Eigenart der Arbeitsleistung“.

I.Ü. sind auch Trainer im Mannschaftssport in der Regel Arbeitnehmer des Vereins oder ggf. des Individualsportlers. Entscheidendes Kriterium ist auch hier die Weisungsunterworfenheit.

Auch haben Profis und Trainer bei Krankheit den „normalen“ Entgeltfortzahlungsanspruch des § 3 EFZG bis zu sechs Wochen. Dies gilt auch, bei Verletzungen.

Schließlich noch ein Wort zu „Transfers“:

Begrifflich ist ein Transfer der Wechsel eines Profis, der zumeist noch einen bestehenden Vertrag mit seinem Verein hat zu einem anderen Verein. Obwohl ein befristeter Arbeitsvertrag vor Ablauf der Befristung normalerweise nicht wirksam einseitig beendet werden kann, ist es gerade im Profifußball gängige Praxis, dass in diesen Fällen der Verein bei Zahlung einer Ablösesumme der einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zustimmt.

 

Fazit:

Natürlich gelten im Profifußball spezifische Eigenheiten. Ausganspunkt ist aber immer der arbeitsrechtliche Ansatz. Die Vereine haben in der Regel entsprechende Ansprechpartner. Aber vor allem auch die Profis sollten seriöse und rechtlich versierte Berater haben, die im Vorfeld einer (beabsichtigten) Maßnahme tätig werden, da gerade im Bereich der ersten Bundesliga alles sehr genau von der Öffentlichkeit beobachtet wird und außerdem umgehend in der Presse landet. Rechtskonformes, seriöses Handeln ist damit gefordert, um die Reputation von Verein und Profi nicht zu beschädigen.





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