🠕 🠕

Im Mediapark 8 (Kölnturm)
50670 Köln
✆ 0221 - 99 22 566
✉ kanzlei@ra-potratz.de

Reinigungskräfte haben keinen Anspruch auf Lohn für arbeitsfreie Zwischenzeiten

Nach dem allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk vom 04.10.2003 ist die zwischen dem Ende der Reinigung des einen Objekts und dem Beginn der Reinigung im Folgeobjekt liegende arbeitsfreie Zeit – sogenannte Zwischenzeit – regelmäßig nicht zu vergüten.

Die Klägerin ist seit Mitte 2008 als Innenreinigerin bei einem schleswig-holsteinischen Reinigungsunternehmen beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der allgemeinverbindliche Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk Anwendung (RTV). Die Klägerin wird in verschiedenen Reinigungsobjekten sowohl vormittags als auch nachmittags eingesetzt. Die einzelnen Arbeitseinsätze reihen sich nicht nahtlos aneinander, sodass zwischen den Arbeitseinsätzen unterschiedlich lange, teilweise bis zu vier Stunden Leerlaufzeiten entstehen, die die Klägerin oft zu Hause verbringt. Die Fahrtzeiten zwischen den einzelnen Reinigungsobjekten werden von der Beklagten vergütet, nicht hingegen die arbeitsfreie sonstige Zwischenzeit. Die Klägerin hat gemeint, dass sie auch für die arbeitsfreien Zwischenzeiten einen tariflichen Lohnanspruch habe. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben die hierauf gerichtete Lohnklage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass gemäß § 4 RTV das Tarifentgelt nur für die wirklich geleistete Arbeitszeit gezahlt werde. § 3 RTV lege wiederum fest, dass die zu vergütende Arbeitszeit regelmäßig an der Arbeitsstelle beginne und ende und darüber hinaus nur die zwischen Beginn und Ende der Arbeitszeit aufgewendete Wegezeit als Arbeitszeit gelte. Aus dem Wortlaut und der Auslegung der Tarifnorm sowie der dazugehörigen Erläuterung ergebe sich, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien neben der reinen Arbeitszeit nur „Wegezeiten“, das heißt Fahrtzeiten, und nicht sonstige arbeitsfreie Zwischenzeiten als Arbeitszeit zu vergüten seien. Dagegen spreche auch nicht, dass die Klägerin die kaum individuell gestaltbaren Zwischenzeiten oftmals nicht sinnvoll nutzen könne. Denn maßgeblich sei nur der im Wortlaut der Tarifnorm zum Ausdruck gekommene Wille der Tarifvertragsparteien. Zudem sei ein Tarifvertrag immer ein ausgehandeltes Gesamtergebnis, für dessen Erzielung beide Tarifvertragsparteien Kompromisse eingingen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.03.2012, – 3 Sa 440/11 –

Quelle: LAG Schleswig Holstein, PM vom 15.05.2012

 

Zu spät zur Arbeit: Wer Lohn bzw. Gehalt will, sollte auch bei Schnee und Glatteis pünktlich sein

 

In der kalten Jahreszeit ist das Erreichen des Arbeitsplatzes oft ein Problem. Das Auto springt nicht an, die Straßen sind spiegelglatt, kurzum, der Arbeitnehmer kommt zu spät.

In der Regel steht im Arbeitsvertrag, von wann bis wann der Arbeitnehmer arbeiten muss. Da die Erbringung der Arbeitsleistung eine sogenannte Bringschuld ist (d.h. sie ist im Normalfall im Betrieb des Arbeitgebers zu leisten), trägt der Arbeitnehmer folglich das Wegerisiko, den Ort der Erfüllung seiner Pflichten auch rechtzeitig zu erreichen. Absehbare Verkehrsbehinderungen im Winter muss er daher bei seinen Fahrzeiten einplanen. Der Arbeitgeber kann erwarten, dass der Mitarbeiter früher aufsteht oder anders als mit dem PKW zum Arbeitsplatz anreist.

Im Hinblick auf dieses Risiko bleibt es für die Vergütung nicht geleisteter Arbeit bei dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Kommt ein Mitarbeiter also zu spät, kann der Arbeitgeber grundsätzlich den Lohn für die verspätete Zeit kürzen, wenn die Arbeit nicht nachgeholt werden kann, so z.B. bei festen Arbeitzeiten. Bei Gleitarbeitszeit kann der Arbeitnehmer hingegen seinen Lohnanspruch durch Nacharbeiten in voller Höhe retten. Unabhängig davon darf ein verspäteter Arbeitnehmer wegen Verstoßes gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten abgemahnt werden – was im Wiederholungsfall sogar zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen kann. Der Arbeitgeber muss dafür nicht nachweisen, dass der Betriebsablauf gestört wurde. Es reichen die Verspätungen als solche aus. Gegebenenfalls enthalten Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen für die Arbeitnehmer günstigere Regelungen bei kurzfristigen (witterungsbedingten) Verspätungen.

Abzugrenzen ist das allgemeine Wegerisiko vom Vorliegen eines subjektiven, persönlichen Leistungshindernisses des Arbeitnehmers, welches ihm den Vergütungsanspruch erhält, wenn es nicht verschuldet und nur für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit besteht (z. B. Unfall auf dem Weg zur Arbeit, Arztbesuch, der über den Zeitpunkt des Arbeitsbeginns hinausgeht, etc.). Auch Abmahnung und Kündigung sind dann ausgeschlossen. Verspätung ist also nicht gleich Verspätung.

Kommt in umgekehrter Konstellation hingegen der Arbeitgeber zu spät und kann der Arbeitnehmer nicht zum vereinbarten Zeitpunkt mit der Arbeit beginnen, behält er trotz Nichtleistung der Arbeit seinen Lohnanspruch. Denn er hat seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß angeboten, die der Arbeitgeber nicht annimmt. Das Betriebsrisiko, welches Unterbrechungen umfasst, die ihre Ursache sowohl im als auch außerhalb des Betriebs haben können, trägt der Arbeitgeber. Damit wird die Verlagerung von Organisations- und Funktionsrisiken des Unternehmers auf den Arbeitnehmer vermieden.





★★★★★
Sehr gut 5.00 / 5.00
95 Bewertungen.

⭐⭐⭐⭐⭐ 5.0/5.0