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Freier Arbeitsplatz im Ausland steht einer betriebsbedingten Kündigung nicht entgegen

Die aus § 1 Abs. 2 KSchG folgende Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung – ggf. im Wege der Änderungskündigung – eine Weiterbeschäftigung zu geänderten, möglicherweise auch zu erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen anzubieten, bezieht sich grundsätzlich nicht auf freie Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb des Arbeitgebers. Der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes ist gemäß § 23 Abs. 1 KSchG nur auf Betriebe anzuwenden, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen. In diesem Sinne muss auch der Betriebsbegriff in § 1 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 KSchG verstanden werden. Ob dies der Berücksichtigung von Beschäftigungsmöglichkeiten im Ausland entgegensteht, falls der Arbeitgeber seinen Betrieb als Ganzen oder einen Betriebsteil unter Wahrung der Identität verlagert, war nicht zu entscheiden. Die Beklagte ist ein Unternehmen der Textilindustrie mit Sitz in Nordrhein-Westfalen. Sie unterhält seit geraumer Zeit in der Tschechischen Republik eine Betriebsstätte, in der sie Verbandsstoffe herstellt. Die „Endfertigung“ der Stoffe erfolgte in einem am Sitz der Beklagten gelegenen Betrieb. In diesem war die Klägerin seit 1984 als Textilarbeiterin tätig. Im Juni 2011 beschloss die Beklagte, ihre gesamte Produktion in der tschechischen Betriebsstätte zu konzentrieren. In Deutschland sollte lediglich die Verwaltung nebst „kaufmännischem Bereich“ bestehen bleiben. Mit Blick hierauf erklärte die Beklagte gegenüber den an ihrem Sitz beschäftigten Produktionsmitarbeitern eine ordentliche Beendigungskündigung. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe ihr durch den Ausspruch einer Änderungskündigung die Möglichkeit geben müssen, über einen Umzug zumindest nachzudenken.

Die Kündigungsschutzklage blieb – wie in den Vorinstanzen – vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos. Aufgrund der Verlagerung der „Endfertigung“ in die  mehrere hundert Kilometer von ihrem Sitz entfernte  tschechische Betriebsstätte hatte die Beklagte keine Möglichkeit mehr, die Klägerin in einem inländischen Betrieb weiterzubeschäftigen. Umstände, unter denen ausnahmsweise eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu erwägen wäre, Arbeitnehmer im Ausland weiterzubeschäftigen, lagen nicht vor.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29. 08.2013,  – 2 AZR 809/12 –
Quelle: BAG PM Nr. 52/13 vom 29.08.2013

Kündigung einer Schwangeren

 

 

durch den Arbeitgeber

Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft/Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird; das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn es auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird (§ 9 Abs.1 Mutterschutzgesetz, MuSchG). Die Vorschrift erhält der Schwangeren während der Mutterschutzzeiten den Arbeitsplatz und damit die wirtschaftliche Existenzgrundlage.

Es besteht in v.g. Zeitraum also ein absolutes Kündigungsverbot für den Arbeitgeber, welches unabhängig von der Betriebsgröße gilt. Voraussetzung ist lediglich, dass dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft respektive die Entbindung bekannt ist oder die Schwangere ihn spätestens innerhalb von zwei Wochen nach dem Zugang der Kündigung über das Kündigungshindernis informiert. Vom Kündigungsverbot umfasst sind alle Kündigungen, auch die Änderungskündigung (BAG, Urteil vom 07.04.1970, AP BGB § 615 Kurzarbeit Nr. 3). Nach den allgemeinen Beweislastregeln, wonach jede Partei die ihr günstigen Tatsachen auch zu beweisen hat, ist die Arbeitnehmerin im Streitfall gehalten, den Nachweis zu führen, dass sie dem Arbeitgeber die Mitteilung gemacht hat. Gelingt ihr dies nicht, greift der besondere Kündigungsschutz des § 9 MuSchG nicht ein.

Nun kann es sein, dass die Schwangere – zunächst – nichts von ihrem Zustand weiß und daher die Zweiwochenfrist versäumt. Die fehlende Kenntnis ihres Zustandes führt grundsätzlich zu einer unverschuldeten Fristüberschreitung. Denn sie ist ein „von der Frau nicht zu vertretender Grund“ i.S.d. § 9 MuSchG. Etwas anderes gilt nur, wenn zwingende Anhaltspunkte für das Bestehen einer Schwangerschaft vorliegen, die die Schwangere veranlassen können, sich Gewissheit zu verschaffen (vgl. LAG Düsseldorf NZA –RR 2005, 382). Trotz Kenntnis kann die Schwangere aber auch unverschuldet an der rechtzeitigen Mitteilung gehindert sein, wenn sie z.B. bei Zugang urlaubsbedingt abwesend war (vgl. BAG, Urteil vom 13.06.1996 AP MuSchG 1968 § 9 Nr. 31). Holt sie die Mitteilung unverzüglich nach, gilt der absolute Kündigungsschutz.

In besonderen Fällen kann die zuständige Aufsichtsbehörde (vgl. § 20 MuSchG) auf Antrag des Arbeitgebers eine Ausnahme vom absoluten Kündigungsverbot zulassen. Da dies dem Mutterschutz im Prinzip zuwiderläuft, wird dies nur möglich sein, wenn eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Die Einschätzung als „besonderer Fall“ ist nachprüfbare Tat- und Rechtsfrage.

Der „besondere Fall“ ist nicht identisch mit dem „wichtigen Grund“ gemäß § 626 BGB, sondern nur beim Vorliegen besonders gewichtiger Interessen des Arbeitgebers möglich, und zwar auch nur dann, wenn diese zweifelsfrei nicht mit der Schwangerschaft zusammenhängen.

Um die Zustimmung zu erhalten, muss der Arbeitgeber der Behörde darlegen, welche Art der Kündigung er beabsichtigt und aus welchen Gründen er sie aussprechen will. Die Behörde ermittelt dann von Amts wegen und nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei sich ihre Tätigkeit auf alle relevanten Umstände erstreckt. Bejaht sie einen „besonderen Fall“, erklärt sie die Kündigung für zulässig.

Der Arbeitgeber darf dann umgehend schriftlich und unter Angabe des Kündigungsgrundes kündigen (§ 9 Abs. 3 S. 2 MuSchG). Die Beachtung der Schriftform ist zwingend, ob das auch für die Angabe des Grundes gilt, ist umstritten.

Die Kündigung ohne vorherige Zustimmung der Aufsichtsbehörde macht sie unwirksam. Allerdings entbindet dies die Arbeitnehmerin nicht davon, innerhalb von 3 Wochen beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage einzureichen (vgl. § 4 KSchG (Kündigungsschutzgesetz). Die Klagefrist des § 4 KSchG ist eine sogenannte Ausschlussfrist, welche aber erst mit Bekanntgabe der Entscheidung der Aufsichtsbehörde in Gang gesetzt wird, nicht schon mit Zugang der Kündigung bei der schwangeren Arbeitnehmerin. Wird die Frist versäumt, führt dies dazu, dass die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam gilt (§ 7 KSchG, Fiktionswirkung der Kündigung). Ausnahmen hiervon sind wiederum nur unter engen Ausnahmen möglich (vgl. § 5 KSchG).

War die schwangere Arbeitnehmerin nämlich trotz Anwendung aller ihr nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben, so ist sie auf Antrag nachträglich zuzulassen. Gleiches gilt, wenn die Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der 3-wöchigen Klagefrist Kenntnis erlangt (vgl. 5 Abs. 1 KSchG). Der Antrag ist nur innerhalb von 2 Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig ((vgl. § 5 Abs. 3 S. 1 KSchG). Die Klageerhebung ist mit ihm zu verbinden (vgl. § 5 Abs. 2 KSchG). Nach Ablauf von 6 Monaten, vom Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann der Antrag nicht mehr gestellt werden (vgl. § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG).

 

durch die Arbeitnehmerin

Die Schwangere kann selbstverständlich jederzeit auch während der Mutterschutzfristen das Arbeitsverhältnis kündigen. Tut sie dies zum Ende der Schutzfrist, so ist sie nicht an die normalen Kündigungsfristen gebunden. Kündigt sie aber zu einem anderen Zeitpunkt als zum Ende der Schutzfrist, so muss sie wiederum die normalen Kündigungsfristen beachten.

 

Aufhebungsvertrag

Aufhebungsverträge unterliegen nicht dem § 9 MuSchG. Sie können deshalb jederzeit geschlossen werden, auch während der Schutzfristen des MuSchG. Arbeitsverhältnis und Mutterschutz enden dann zu dem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt. Die Arbeitnehmerin bekommt aber gegebenenfalls einer Sperrzeit von 12 Wochen bei der Bundesagentur für Arbeit. Zudem entfällt der Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld.

Wird die Arbeitnehmerin innerhalb eines Jahres nach der Entbindung wieder eingestellt, so gilt gem. § 10 MuSchG das Arbeitsverhältnis hinsichtlich der Betriebs- und Berufszugehörigkeit als nicht unterbrochen. Dies gilt nicht, wenn die Frau in der Zeit von der Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zur Wiedereinstellung bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt war. (§ 10 Abs. 2 MuSchG)

Freistellung schützt Arbeitnehmer nicht vor einer fristlosen Kündigung

Im Falle einer schwerwiegenden Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten kommt auch bei einem von der Arbeitspflicht bis zum vereinbarten Beendigungstermin freigestellten Arbeitnehmer eine außerordentliche Kündigung in Betracht.Dies hat das Hessische Landesarbeitsgericht entschieden und damit ein Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main abgeändert.

Der 36- jährige, verheiratete Kläger des Rechtsstreits war seit Oktober 2008 bei seiner Arbeitgeberin, einer Bank aus Düsseldorf, als Firmenkundenbetreuer tätig, seit April 2009 mit Prokura. Am 16.06.2010 vereinbarten die Parteien die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2010 und die Freistellung des Klägers ab 01.07.2010 bis 31.12.2010 bei Fortzahlung der Bezüge.

Am 29./30.06.2010 übermittelte der Kläger insgesamt 94 E-mails mit ca. 622 MB in 1660 Dateianhängen an sein privates E-Mail Postfach bei gmx.de. Dabei handelte es sich überwiegend um Daten, die dem Bankgeheimnis unterliegen, darunter Daten der vom Kläger betreuten Kunden; Dokumente, in denen die einem Unternehmen eingeräumten Kreditlinien und in Anspruch genommenen Kredite aufgelistet werden; Risikoanalysen für diverse Unternehmen, Kreditverträge u.ä.

Hiervon erfuhr die Beklagte am 07.07.2010 durch ihre Datenschutzkommission. Am 20.07.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos.Die hiergegen erhobene Klage hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.

Es ist der Ansicht gewesen, der Kläger habe eine schwerwiegende Vertragsverletzung begangen, die die fristlose Kündigung auch in einem tatsächlich nicht mehr vollzogen Arbeitsverhältnis rechtfertige. Zwar komme es zur Begründung einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig auf die Prognose zukünftigen Verhaltens an. Hier stehe die fehlende Wiederholungsgefahr aber nicht entgegen. Der Kläger habe das in ihn gesetzte Vertrauen seiner Arbeitgeberin durch die Mitnahme geheim zu haltender Bankdaten so schwer erschüttert, dass ihr das Festhalten an dem Arbeitsverhältnis und die Fortzahlung der Bezüge bis Dezember 2010 nicht mehr zumutbar seien. Das Fehlverhalten des Klägers habe ein nahezu gleich großes Gewicht wie eine strafbare Handlung zulasten des Arbeitgebers.Die Einlassung des Klägers, er habe die Daten auf seinem Rechner nicht an Dritte weitergeben wollen und sie während der Zeit der Freistellung nur zu Trainingszwecken verwenden wollen, wertete das Hessische Landesarbeitsgericht als unbeachtliche Schutzbehauptung.

Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 29.08.2011, – 7 Sa 248/11 –

Quelle: Hessisches LAG PM Nr. 14 vom 06.12.2011

Festlegung einer durchschnittlichen Stundenzahl pro Monat im Formulararbeitsvertrag kann unwirksam sein

Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen können den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen, wenn sie nicht klar und verständlich sind (§ 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB). Unter den in § 9 TzBfG genannten Voraussetzungen hat ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit.

Die Beklagte, ein Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes, beschäftigt den Kläger als Flugsicherungskraft am Flughafen Köln/Bonn. Der Formulararbeitsvertrag der Parteien sieht ua. folgende Regelung vor: „Der Angestellte ist verpflichtet, im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden zu arbeiten …“ Der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 2005 sieht für Vollzeitbeschäftigte eine Mindestarbeitszeit von 160 Stunden im Monat vor. Der Kläger, der in der Vergangenheit durchschnittlich 188 Stunden im Monat arbeitete, begehrt die Feststellung, dass seine monatliche Regelarbeitszeit dem tatsächlichen Beschäftigungsumfang entspricht, hilfsweise verlangt er von der Beklagten, seine regelmäßige Arbeitszeit zu erhöhen. Während das Arbeitsgericht der Klage dem Hauptantrag nach stattgegeben hat, hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte lediglich nach dem Hilfsantrag verurteilt, das Angebot des Klägers insoweit anzunehmen, als er die Erhöhung der Arbeitszeit auf 160 Stunden fordert.

Der Neunte Senat hat die erstinstanzliche Entscheidung teilweise wiederhergestellt. Die arbeitsvertragliche Arbeitszeitregelung ist wegen Intransparenz unwirksam. Ihr ist nicht zu entnehmen, innerhalb welchen Zeitraums der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit durchschnittlich 150 Stunden im Monat beschäftigen muss. Deshalb bleibt der Arbeitnehmer über den Umfang seiner Beschäftigung im Unklaren. An die Stelle der unwirksamen Bestimmung tritt die manteltarifvertragliche Regelung über die Mindestarbeitszeit von Vollzeitangestellten. Diese beträgt 160 Stunden im Monat. Eine weitere Erhöhung der Arbeitszeit kann der Kläger nicht verlangen. Denn er ist nicht, wie § 9 TzBfG verlangt, teilzeitbeschäftigt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.06.2011, – 9 AZR 236/10 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 25.01.2010, – 2 Sa 996/09 –

Quelle: BAG PM Nr. 50 vom 21.06.2011

Abmahnung wegen einer Straftat schließt spätere Kündigung wegen derselben Pflichtverletzung aus

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Kündigung einer Justizangestellten für unwirksam erklärt und damit eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Neuruppin bestätigt.

Die Arbeitnehmerin wurde von dem Land Brandenburg als Justizangestellte im Amtsgericht Perleberg beschäftigt und war dort u. a. für die Bearbeitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren zuständig. Sie teilte im Jahr 2007 der Mutter eines Betroffenen, die ebenfalls im Amtsgericht Perleberg tätig war, den Inhalt eines Durchsuchungsbeschlusses mit. Das beklagte Land erteilte der Arbeitnehmerin wegen dieses Verhaltens im Jahr 2008 eine Abmahnung und setzte das Arbeitsverhältnis fort.

Die Arbeitnehmerin wurde in einem nachfolgend eingeleiteten Strafverfahren wegen des genannten Verhaltens gemäß § 353 b StGB (Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht) zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt; die Verurteilung ist noch nicht rechtskräftig. Das beklagte Land kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß.

Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungen für unwirksam gehalten. Das Verhalten der Arbeitnehmerin hätte das beklagte Land zwar berechtigt, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Das beklagte Land habe jedoch auf das Kündigungsrecht verzichtet, indem es eine strafbare Verletzung des Dienstgeheimnisses lediglich abmahnte. Neue Tatsachen, die die Kündigungen stützen könnten, hätten nicht vorgelegen.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.04.2011, – 25 Sa 2684/10 –

Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, PM Nr. 19/11 vom 28.04.2011

Falsche Anrede bei Ablehnung einer Bewerberin mit Migrationshintergrund indiziert keine Diskriminierung

Die Klägerin bewarb sich bei der Beklagten um die Stelle als lebensmitteltechnische Assistentin. Ihre Bewerbung wurde abgelehnt. In dem Ablehnungsschreiben wurde sie unzutreffend mit „Sehr geehrter Herr“ angeredet. Sie ist der Ansicht, aus dieser Anrede ergebe sich, dass sie wegen ihres Migrationshintergrunds nicht eingestellt worden sei. Aus ihrer mit Foto ingereichten Bewerbung gehe eindeutig hervor, dass sie weiblich sei. Dies belege, dass man ihre Bewerbung offensichtlich keines Blickes gewürdigt und diese wegen ihres bereits aus dem Namen sich ergebenden Migrationshintergrundes aussortiert habe. Mit der Klage hat sie eine Entschädigung in Höhe von 5.000,00 € verlangt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Ein Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 AGG setzt voraus, dass die Klägerin wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale wie der Rasse oder ethnischen Herkunft benachteiligt worden ist. Nach der Beweislastregel des § 22 AGG genügt es dabei, dass der Arbeitnehmer Tatsachen vorträgt, aus denen sich nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine solche Benachteiligung ergibt. Dann muss der Arbeitgeber nachweisen, dass keine Benachteiligung vorliegt. Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass der Vortrag der Klägerin für eine solche Beweislastverlagerung nicht ausreicht. Die Verwechslung in der Anrede lasse keine Benachteiligung wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft vermuten. Es sei genauso wahrscheinlich, wenn nicht sogar näher liegend, dass der falschen Anrede in dem Ablehnungsschreiben ein schlichter Fehler bei der Bearbeitung dieses Schreibens zu Grunde lag.

ArbG Düsseldorf, Urteil vom 09.03.2011, – 14 Ca 908/11 –

Quelle: ArbG Düsseldorf, PM Nr. 16/11 vom 22.03.2011





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