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Betriebsvereinbarungen dürfen Altersgrenze für Beendigung des Arbeitsverhältnisses regeln

Altersgrenzen in Betriebsvereinbarungen, nach denen das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Kalendermonats endet, in dem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht, sind wirksam.

Der im Jahr 1942 geborene Kläger war seit 1980 bei der Beklagten beschäftigt. Nach der von beiden Parteien unterzeichneten „Einstellungsmitteilung“ war das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine bei der Beklagten bestehende Gesamtbetriebsvereinbarung aus dem Jahr 1976 sah die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des 65. Lebensjahres vor. Dieses vollendete der Kläger im August 2007. Mit seiner Klage hat er sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt.

Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeber können in einer freiwilligen Gesamtbetriebsvereinbarung eine Altersgrenze für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln. Dabei haben sie die Grundsätze von Recht und Billigkeit (§ 75 Abs. 1 BetrVG) zu beachten. Diese sind gewahrt, wenn die Altersgrenze an den Zeitpunkt anknüpft, zu dem der Arbeitnehmer die Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen kann. Eine solche Regelung verstößt nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Die Vereinbarung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist auch keine, die Altersgrenzenregelung der Gesamtbetriebsvereinbarung verdrängende einzelvertragliche Abmachung.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 05.03.2013, – 1 AZR 417/12 –

Quelle: BAG PM Nr. 14/13 vom 05.03.2013

Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Wird eine Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet?

Arbeitnehmer sind oftmals der Auffassung, eine Abfindung, welche mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Verbindung stehe, werde auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Seit einigen Jahren gibt es diese Möglichkeit jedoch grundsätzlich nicht mehr. Die Berücksichtigung von Entlassungsentschädigungen – hierunter fällt auch die Abfindung – ist nunmehr in § 143 a SGB (Sozialgesetzbuch) III geregelt. Diese Vorschrift gilt allerdings nicht für das Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Stellt sich die Frage, ob Entlassungsentschädigungen bei anschließendem Bezug von Arbeitslosengeld II als Einkommen oder als Vermögen zu berücksichtigen sind, sind die Vorschriften des SGB II heranzuziehen.

§ 143a SGB III lautet:

(1) Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei

1. zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten,

2. zeitlich begrenztem Ausschluss oder bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre.

Kann dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, so gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Hat der Arbeitslose auch eine Urlaubsabgeltung (§ 143 Abs. 2) erhalten oder zu beanspruchen, verlängert sich der Ruhenszeitraum nach Satz 1 um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Leistungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitslosen, dessen Arbeitsverhältnis frühestens mit Vollendung des 55. Lebensjahres beendet wird, unmittelbar für dessen Rentenversicherung nach § 187a Abs. 1 des Sechsten Buches aufwendet, bleiben unberücksichtigt. Satz 6 gilt entsprechend für Beiträge des Arbeitgebers zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.

(2) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach Absatz 1 längstens ein Jahr. Er ruht nicht über den Tag hinaus,

1. bis zu dem der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von sechzig Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte,

2. an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung, die unabhängig von der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, geendet hätte oder

3. an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können.

Der nach Satz 2 Nr. 1 zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen als auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des fünfunddreißigsten Lebensjahres um je fünf Prozent; er beträgt nicht weniger als fünfundzwanzig Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung. Letzte Beschäftigungszeit sind die am Tage des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der letzten zwölf Monate; § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 gilt entsprechend. Arbeitsentgeltkürzungen infolge von Krankheit, Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder Arbeitsversäumnis bleiben außer Betracht.

(3) Hat der Arbeitslose wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unter Aufrechthaltung des Arbeitsverhältnisses eine Entlassungsentschädigung erhalten oder zu beanspruchen, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Soweit der Arbeitslose die Entlassungsentschädigung (Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 des Zehnten Buches) tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Hat der Verpflichtete die Entlassungsentschädigung trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an den Arbeitslosen oder an einen Dritten gezahlt, hat der Bezieher des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht also, wenn der Arbeitslose

 – wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses u.a. eine Abfindung erhalten oder zu beanspruchen hat

 und

– das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist beendet wurde, die der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entspricht.

Nur wenn beide Voraussetzungen kumulativ vorliegen, wird die Zahlung des Arbeitslosengeldes für den in Abs. 1 genannten Zeitraum hinausgeschoben, längstens für 1 Jahr (Abs. 2). Die Anspruchsdauer wird hierdurch nicht verkürzt. Abzugrenzen ist hiervon aber der Eintritt der Sperrzeit. Wird nämlich neben dem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gemäß § 143a SGB III auch der Eintritt einer Sperrzeit festgestellt, verringert sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld.

Im Umkehrschluss ruht der Anspruch also nicht wenn das Arbeitsverhältnis mit einer Frist beendet wurde, die der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entspricht (auch bei Aufhebungsvertrag oder Urteil). Dieser Regelung liegt die Vermutung zugrunde, dass eine Abfindung nämlich in dem Fall Arbeitsentgelt enthält, wenn das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist beendet wird. Es soll verhindert werden, dass ein Arbeitsloser für einen Zeitraum, für den er eigentlich Arbeitsentgelt beanspruchen könnte – nämlich den der Kündigungsfrist – Arbeitslosengeld anstatt Arbeitsentgelt bezieht und gleichzeitig eine Abfindung erhält, die wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses verstecktes Arbeitsentgelt enthält.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht weiterhin auch dann nicht, wenn das Arbeitsverhältnis von Beginn an befristet war und fristgerecht endete oder wenn der Arbeitgeber berechtigt war, es aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu beenden.

Wird ein Arbeitsverhältnis beendet, bei dem der Arbeitgeber zeitlich begrenzt nicht ordentlich kündigen darf, so ist für das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld die Kündigungsfrist entscheidend, welche der Arbeitgeber ohne den besonderen Kündigungsschutz einhalten müsste. Wird es beendet, und ist der Arbeitgeber zeitlich unbegrenzt nicht zur ordentlichen Kündigung berechtigt, so gilt für das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld eine fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten. Darf der Arbeitgeber einem sogenannten unkündbaren Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich kündigen, so muss er eine fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr einhalten. Beträge, welche der Arbeitgeber zugunsten eines Arbeitnehmers unmittelbar für dessen Rentenversicherung aufwendet, um eine Rentenminderung durch eine vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente auszugleichen oder zu verringern, und dessen Arbeitsverhältnis frühestens mit Vollendung des 55. Lebensjahres beendet wird, werden nicht als Entlassungsentschädigung berücksichtigt.

Demgegenüber führt eine Entlassungsentschädigung zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, wenn sie dem Arbeitnehmer nicht am Ende des Arbeitsverhältnisses, sondern ganz oder teilweise (noch) später oder z.B. auch in Monatsraten ausgezahlt wird. Sie wird allerdings nur anteilig berücksichtigt. Der Anteil beträgt zwischen 25% und 60% des Bruttobetrages. Er ist abhängig vom Lebensalter des Arbeitnehmers am Ende des Arbeitsverhältnisses und von der Dauer seiner Betriebs- oder Unternehmenszugehörigkeit.





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