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Als Arbeitgeber richtig kündigen

Das Wichtigste gleich vorweg: Für den Ausspruch der Kündigung genügt ein Satz! Es sollte keine Begründung gegeben werden, warum gekündigt wurde, allenfalls Hinweise darauf, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört wurde und – um etwaigen Schadensersatzansprüchen vorzubeugen – der Arbeitnehmer verpflichtet ist, sich umgehend arbeitslos/arbeitssuchenend zu melden.

Für den Arbeitgeber ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses in der Regel erheblich schwieriger als für den Arbeitnehmer, jedenfalls dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anzuwenden ist. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt und das zu kündigende Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht. Dann muss die Kündigung sozial gerechtfertigt sein, d.h. es muss ein personen-, verhaltens- oder betriebsbedingter Grund vorliegen. Mit anderen Worten: Für den Arbeitgeber ist die Anwendbarkeit des KSchG ungünstig. Zudem ist es ein Erfahrungssatz, dass bei Anwendbarkeit des KSchG der gekündigte Arbeitnehmer oftmals auch dann Kündigungsschutzklage erhebt, wenn er das Arbeitsverhältnis gar nicht fortsetzen will, sondern lediglich auf eine Abfindung spekuliert – und oftmals auch erhält.

Dies gilt insbesondere, wenn die Kündigung nicht „wasserdicht“ ist. Weiß der Arbeitgeber das, ist es ohnehin sinnvoll, dem Arbeitnehmer zunächst einen Aufhebungsvertrag – gegebenenfalls unter anwaltlichem Beistand – anzubieten, er vermeidet unnötige Kosten. Kommt er nicht zustande, kann der Arbeitgeber selbstverständlich immer noch kündigen. Tut er dies (mit nur einem Satz, s.o.!) so kann zur Kündigungserklärung und Schriftform, zum Zugang der Kündigung, zum Kündigungsgrund und zur Empfangsbestätigung auf die Ausführungen im Fachartikel „Als Arbeitnehmer richtig kündigen“ verwiesen werden, sie gelten entsprechend.

Mit der Kündigungsfrist verhält es sich indes anders:

Nach der Probezeit beträgt die gesetzliche Grundkündigungsfrist zwar auch für den Arbeitgeber vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats (§ 622 Abs. 1 BGB). Sie verlängert sich aber,  je nachdem wie lange das Arbeitsverhältnis dauerte.

 

Hat es 

1. zwei Jahre bestanden: einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,

2. fünf Jahre bestanden: zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,

3. acht Jahre bestanden: drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,

4. zehn Jahre bestanden: vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,

5. zwölf Jahre bestanden: fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,

6. fünfzehn Jahre bestanden, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,

7. zwanzig Jahre bestanden, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

 

Falls vertraglich etwas anderes vereinbart wurde, dürfen die Kündigungsfristen für Arbeitnehmer nicht länger sein als für den Arbeitgeber. Besteht ein Tarifvertrag, gelten dessen Bestimmungen.

Natürlich kann auch bei der Arbeitgeberkündigung ein „wichtiger Grund“ zu einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers berechtigen. Hier ist dann die 2-Wochenfrist des § 626 BGB zu beachten.

Kommt das KSchG hingegen nicht zur Anwendung, kann der Arbeitgeber unter Beachtung der ordentlichen Kündigungsfrist relativ risikolos kündigen. Aus Beweisgründen sollte er die Kündigung aber durch einen Boten übergeben lassen oder persönlich unter Anwesenheit eines Zeugen übergeben respektive sich den Empfang schriftlich bestätigen lassen. Besteht ein Betriebsrat, muss er vor Ausspruch der Kündigung angehört werden. Handelt es sich bei dem zu Kündigenden um einen schwerbehinderten Menschen, muss das Integrationsamt der Kündigung zustimmen. 

 

 

 

 

Anzeige gegen Arbeitgeber – ein Kündigungsgrund?

Mit einem jetzt veröffentlichten Urteil hat das Landesarbeitsgericht Köln die fristlose Kündigung einer Hauswirtschafterin für wirksam erklärt, die mit der Betreuung von zwei Kindern im Alter von zehn Monaten und zwei Jahren beschäftigt war und die Eltern der Kinder beim Jugendamt angezeigt hatte.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unterfallen Anzeigen eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber gesetzlich dem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Allerdings hat ein Arbeitnehmer grundsätzlich auch den Ruf des Arbeitgebers zu schützen. Zwischen diesen Rechten und Pflichten ist eine Abwägung vorzunehmen, wenn es um die Frage geht, ob ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigen darf, der ihn anzeigt. Wesentlich ist dabei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unter anderem, ob der Arbeitnehmer die Offenlegung in gutem Glauben und in der Überzeugung vorgenommen hat, dass die Information wahr sei, dass sie im öffentlichen Interesse liege und dass keine anderen, diskreteren Mittel existierten, um gegen den angeprangerten Missstand vorzugehen (EGMR vom 21.07.2011, – 28274/08 -).

Nach diesen Grundsätzen wies das Landesarbeitsgericht die Klage der Hauswirtschafterin gegen die fristlose Kündigung ab. Die fristlose Kündigung war ausgesprochen worden, nachdem die Eheleute der Hauswirtschafterin zuvor schon in der Probezeit fristgemäß gekündigt hatten. Die Hauswirtschafterin hatte sich danach an das Jugendamt gewandt und über Verwahrlosung und dadurch hervorgerufene körperliche Schäden der zehn Monate alten Tochter berichtet. Ein kinderärztliches Attest wies dagegen aus, dass die Tochter einen altersgemäß unauffälligen Untersuchungsbefund habe. Zeichen von Verwahrlosung lägen nicht vor.

Das Landesarbeitsgericht sah in der Anzeige eine unverhältnismäßige Reaktion auf die zuvor ausgesprochene ordentliche Kündigung. Selbst dann, wenn die Vorwürfe als richtig unterstellt würden, habe die Hauswirtschafterin unter Beachtung ihrer Loyalitätspflichten zunächst eine interne Klärung mit dem Ehepaar versuchen müssen. Erst nach Scheitern eines solchen Versuches habe eine Behörde eingeschaltet werden dürfen. Ob die Behauptungen der Hauswirtschafterin zutreffend seien, hat das Landesarbeitsgericht dahinstehen lassen.

 

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 05.07.2012, – 6 Sa 71/12 –

Quelle: LAG Köln PM Nr. 5 vom 21.11.2012

 

Arbeitgeber dürfen auch ohne besonderen Anlass bereits ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest fordern

Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, muss er gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) spätestens nach drei Kalendertagen eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber vorlegen. Der Arbeitgeber ist jedoch berechtigt, die Vorlage schon früher zu verlangen (§ 5 Abs. 1 S. 3 EFZG). Es ist bislang unter Juristen umstritten, ob der Arbeitgeber dafür einen besonderen Anlass braucht.

Das hat das Landesarbeitsgericht Köln in einem jetzt veröffentlichten Urteil verneint. Das Verlangen des Arbeitgebers, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon ab dem ersten Tag der Krankheit vorzulegen, bedarf danach weder einer Begründung noch ist die Aufforderung des Arbeitgebers vom Gericht auf „billiges Ermessen“ zu überprüfen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

In dem vom LAG Köln entschiedenen Fall hatte sich eine Arbeitnehmerin für den Tag krank gemeldet, für den sie vorher vergeblich eine Dienstreise beantragt hatte. Der Arbeitgeber hatte sie daraufhin aufgefordert, künftig am ersten Tag der Krankmeldung ein ärztliches Attest einzuholen und vorzulegen. Die Arbeitnehmerin sah das als sachlich ungerechtfertigt an.

LAG Köln, Urteil vom 14.09.2011, – 3 Sa 597/11 –

Quelle: LAG Köln PM Nr. 8 vom 14.12.2011

Arbeitgeber haften nur bei Vorsatz für Gesundheitsschäden wegen Arbeiten an asbesthaltigen Bauteilen

Die Anweisung an einen Arbeitnehmer, mit asbesthaltigem Material ohne Schutzmaßnahmen zu arbeiten, kann die bewusste Inkaufnahme von Gesundheitsschäden des Arbeitnehmers beinhalten.

Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Arbeiten an asbesthaltigen Bauteilen. Der Kläger ist bei der beklagten Stadt beschäftigt. Zunächst war er als Betreuer für Asylbewerber in einem Asylbewerberheim tätig. Dort wurde er vom 01. Februar bis 05. Mai 1995 auf Weisung seines zuständigen Abteilungsleiters und des Heimleiters zu Sanierungsarbeiten herangezogen. Nach einem Hinweis darauf, dass bei diesen asbesthaltiger Staub freigesetzt werde, verfügte das Gewerbeaufsichtsamt am 05. Mai 1995 die Einstellung der Arbeiten. Der Kläger ist der Auffassung, die beklagte Stadt habe es grob fahrlässig unterlassen, ihm nötige Mittel des Arbeitsschutzes bereitzustellen. Darin liege angesichts der Erhöhung des Risikos einer Krebserkrankung ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Die beklagte Stadt haftet für mögliche Schäden, die der Kläger aufgrund der Arbeiten mit asbesthaltigen Bauteilen erleidet, nur dann, wenn der für den Kläger zuständige Vorgesetzte ihm die Tätigkeit zugewiesen hat, obwohl ihm bekannt war, dass der Kläger damit einer besonderen Asbestbelastung ausgesetzt war und wenn er eine Gesundheitsschädigung des Klägers zumindest billigend in Kauf genommen hat (sog. bedingter Vorsatz). Ob diese Voraussetzungen für eine Haftung der beklagten Stadt vorliegen, muss das Landesarbeitsgericht aufklären.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.04.2011, – 8 AZR 769/09 –

Quelle: BAG PM Nr. 34/2011





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