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Unfreundliches Verhalten gegenüber Kunden rechtfertigt Abmahnung

Verhält sich ein Arbeitnehmer gegenüber Kunden unfreundlich, so verstößt er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Mahnt ihn der Arbeitgeber deshalb ab, kann in der Regel eine Entfernung der Abmahnung nicht verlangt werden.

 

Der Kläger ist als Ausbildungsberater eingesetzt. Als ein Lehrgangsteilnehmer per E-Mail nach Einzelheiten einer mündlichen Ergänzungsprüfung fragte, teilte er ihm mit, es dürfe „eigentlich selbstverständlich sein, dass man sich dort anmeldet wo man sich auch zur schriftlichen Prüfung angemeldet hat. Dass Anmeldungen nicht auf Zuruf erfolgen können, sollte ebenfalls klar sein.“ Als der Kunde die Antwort als unfreundlich beanstandete, antwortete der Kläger ihm unter anderem: „Nach heute mittlerweile ca. 20 Anrufen von angehenden Meistern bleibt die Freundlichkeit einfach aus.“ Wegen dieser Korrespondenz erteilte die Arbeitgeberin eine Abmahnung. Der Kläger hält den Leistungsmangel für nicht schwerwiegend genug, als dass eine Abmahnung gerechtfertigt wäre.

 

Das Landesarbeitsgericht wies, ebenso wie das Arbeitsgericht, die Klage ab. Arbeitnehmer können die Entfernung einer Abmahnung aus ihrer Personalakte nur verlangen, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt bzw. wenn bei einer zu Recht erteilten Abmahnung ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers an deren Verbleib in der Personalakte nicht mehr besteht. Hier war keine dieser Voraussetzungen erfüllt.

 

Insbesondere ist die Abmahnung nicht unverhältnismäßig. Die abgemahnte Pflichtverletzung des Klägers stellt keine Nichtigkeit dar. Aufgabe des Arbeitnehmers ist die Kommunikation mit den Kunden. Wenn der Arbeitnehmer nicht nur einmal unfreundlich antwortet, sondern dies im Lauf der E-Mail-Kommunikation wiederholt, ist die Abmahnung berechtigt.

 

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.05.2014, – 2 Sa 17/14 –

Quelle: LAG Schleswig-Holstein PM vom 15.07.2014

Abmahnung

Die Abmahnung ist einmal ein dem Arbeitgeber gegebenes Mittel zur Ahndung eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber rügt mit ihr ein konkretes Fehlverhalten des Arbeitnehmers (nach Art, Ort, Zeit und beteiligten Personen) und warnt ihn gleichzeitig – meistens unter Kündigungsandrohung – vor weiteren Verstößen. Allgemeine Ausführungen reichen nicht. Fehlt die Drohung, handelt es sich nur um eine Rüge, die für eine spätere Kündigung nicht ausreicht. Die angedrohte Sanktion ist regelmäßig die Kündigung, weil die Abmahnung häufig der Vorbereitung einer Kündigung dient. Ausreichend ist aber auch die Androhung „weitergehender Maßnahmen“ o.ä.. Der Arbeitgeber kann also die Form der Sanktion im Wiederholungsfall in der Abmahnung auch offenlassen.

Die Abmahnung ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Da sie jedoch ein allgemeines Gläubigerrecht ist, steht sie auch dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber zu. Die Arbeitsgerichte verlangen sogar von Arbeitnehmern vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung regelmäßig eine vorherige Abmahnung. Im Regelfall ist auch vor der verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Nur bei besonders schwerem Fehlverhalten – wie z.B. einem Eigentums- oder Vermögensdelikt zu Lasten des Arbeitgebers – kann sie vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung ausnahmsweise entbehrlich sein. Ihre Wirksamkeit ist an zwingende Voraussetzungen geknüpft. Zwar kann sie grundsätzlich formfrei, also auch mündlich, erfolgen. Die Schriftform empfiehlt sich jedoch aus Gründen der Beweissicherung. Für den Ausspruch der Abmahnung gilt keine Frist. Abmahnungsberechtigt können im Betrieb neben dem Arbeitgeber auch Abteilungs- oder Personalleiter sein.

Bei einer unberechtigten Abmahnung oder einem Formfehler kann der Arbeitnehmer ihre Entfernung aus der Personalakte verlangen. Unabhängig davon kann er eine sog. Gegendarstellung abgeben, welche ebenfalls zur Personalakte genommen wird. Aber auch, wenn der Arbeitnehmer zunächst nichts gegen eine ungerechtfertigte Abmahnung unternimmt, kann ihm das in einem späteren Kündigungsschutzprozess nicht angelastet werden. Die Wirksamkeit der Kündigung hängt nicht von der Beseitigung einer vorhergehenden Abmahnung ab. Im Kündigungsschutzprozess ist unabhängig davon zu prüfen, ob die in einer Abmahnung enthaltenen Vorwürfe tatsächlich gerechtfertigt waren oder nicht.

Mit der Abmahnung wird das damit gerügte Fehlverhalten für eine entsprechende Kündigung verbraucht. Mahnt eine Vertragspartei die andere Partei ab, so kann derselbe Sachverhalt eine Kündigung nicht mehr rechtfertigen. Lediglich ein vergleichbares Fehlverhalten darf dann als Wiederholungsfall zu einer Kündigung führen.

 

Abmahnung wegen einer Straftat schließt spätere Kündigung wegen derselben Pflichtverletzung aus

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Kündigung einer Justizangestellten für unwirksam erklärt und damit eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Neuruppin bestätigt.

Die Arbeitnehmerin wurde von dem Land Brandenburg als Justizangestellte im Amtsgericht Perleberg beschäftigt und war dort u. a. für die Bearbeitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren zuständig. Sie teilte im Jahr 2007 der Mutter eines Betroffenen, die ebenfalls im Amtsgericht Perleberg tätig war, den Inhalt eines Durchsuchungsbeschlusses mit. Das beklagte Land erteilte der Arbeitnehmerin wegen dieses Verhaltens im Jahr 2008 eine Abmahnung und setzte das Arbeitsverhältnis fort.

Die Arbeitnehmerin wurde in einem nachfolgend eingeleiteten Strafverfahren wegen des genannten Verhaltens gemäß § 353 b StGB (Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht) zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt; die Verurteilung ist noch nicht rechtskräftig. Das beklagte Land kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß.

Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungen für unwirksam gehalten. Das Verhalten der Arbeitnehmerin hätte das beklagte Land zwar berechtigt, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Das beklagte Land habe jedoch auf das Kündigungsrecht verzichtet, indem es eine strafbare Verletzung des Dienstgeheimnisses lediglich abmahnte. Neue Tatsachen, die die Kündigungen stützen könnten, hätten nicht vorgelegen.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.04.2011, – 25 Sa 2684/10 –

Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, PM Nr. 19/11 vom 28.04.2011





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