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Die sog. „einvernehmliche Kündigung“
Gelegentlich taucht der Begriff „einvernehmliche Kündigung“ auf. Um es ganz klar zu sagen: Eine einvernehmliche Kündigung. gibt es im juristischen Sprachgebrauch nicht. Eine Kündigung ist ein Gestaltungsrecht. Das bedeutet, sie erzeugt durch einseitige Willenserklärung unmittelbare Rechtswirkungen. Ein Einvernehmen ist also nicht erforderlich. Entweder kündigt der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer. Der Kündigungsempfänger braucht zur Wirksamkeit der Kündigung nicht mit ihr einverstanden sein.
Mit dem – irreführenden – Begriff „einvernehmliche Kündigung“ ist vielmehr die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemeint, und zwar entweder
- durch Aufhebungsvertrag ohne vorherige Kündigung oder
- im Wege eines Abwicklungsvertrags nach ausgesprochener Kündigung.
Im Aufhebungsvertrag vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber die freiwillige – einvernehmliche – Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses. Die Konditionen sind grundsätzlich frei verhandelbar. Ein etwaig bestehender Betriebsrat muss nicht involviert werden. Ggf., je nach Gestaltung, drohen indes Probleme mit der Agentur für Arbeit beim Bezug von Arbeitslosengeld. Hier ist anwaltliche Beratung geboten.
Es gibt diverse Gründe für einen Aufhebungsvertrag. Für den Arbeitgeber ist ein Aufhebungsvertrag insbesondere dann vorteilhaft, wenn er so ein Arbeitsverhältnis mit einem nur schwer kündbaren Arbeitnehmer beendet, z.B. bei Schwangeren, Elternzeitlern, schwerbehinderten Menschen oder Betriebsräten.
Da der Inhalt des Aufhebungsvertrags weitestgehend frei verhandelbar ist, kann für den Arbeitnehmer oft eine Abfindung ausschlaggebend für seinen Abschluss sein. Auch kann die Kündigungsfrist abgekürzt werden, was Sinn macht, wenn der Arbeitnehmer z.B. zügig ein neues Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber eingehen möchte.
Der Abschluss des Aufhebungsvertrages ist meist endgültig. Er setzt Schriftform voraus. Das heißt, beide Parteien müssen die Vereinbarung eigenhändig unterschreiben. Es besteht aber z.B. im Fall der arglistigen Täuschung die Möglichkeit der Anfechtung, deren Voraussetzungen der Anfechtende aber beweisen muss. Dies ist sehr schwierig. Auch muss den Parteien vor Abschluss eine ausreichend lange Überlegungsfrist eingeräumt werden.
Ein Abwicklungsvertrag ist inhaltlich dem Aufhebungsvertrag fast identisch. Für seinen Abschluss sind keine Formerfordernisse einzuhalten. Gleichwohl empfiehlt es sich, auch Abwicklungsverträge, nicht zuletzt aus Gründen der Beweisbarkeit, schriftlich abzuschließen.
Beim Abwicklungsvertrag besteht nur die Besonderheit, dass bereits eine Kündigung ausgesprochen wurde, welche das Arbeitsverhältnis beendet. Es geht im Abwicklungsvertrag dann nur noch darum – wie der Begriff schon sagt –, das Arbeitsverhältnis abzuwickeln, also zum Beispiel den Beendigungszeitpunkt, die Höhe der Abfindung oder das Zeugnis zu regeln, was natürlich auch im Aufhebungsvertrag geklärt wird. Nur dort halt ohne vorherige Kündigung.
Der Arbeitnehmer verzichtet beim Abwicklungsvertrag regelmäßig auf eine Kündigungsschutzklage und erhält im Gegenzug ihm günstige Bedingungen, insbesondere i.d.R. eine Abfindung.
Aber Vorsicht:
Kündigt der Arbeitgeber, muss der Vertrag relativ zeitnah geschlossen werden, da der Arbeitnehmer binnen drei Wochen ab Zugang der Kündigung Klage einreichen muss, andernfalls wird die Wirksamkeit der Kündigung gem. § 7 KSchG fingiert, unabhängig davon, ob sie rechtmäßig ist
Fraglich ist, welche Auswirkungen ein Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag auf das Arbeitslosengeld hat.
Grundsätzlich droht dem Arbeitnehmer eine sog. Sperrzeit durch die Bundesagentur für Arbeit. In der Regel wird dann für 12 Wochen das Arbeitslosengeld nicht gezahlt. Die Sperrzeit kann allerdings vermieden werden, wenn der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für den Abschluss des Aufhebungs-bzw. Abwicklungsvertrages darstellen kann. Ein solcher kann unter bestimmten Voraussetzungen vorliegen, wenn ansonsten eine (betriebsbedingte) Kündigung gedroht hätte, die durch den Aufhebungsvertrag vermieden wurde.
Erhält der Arbeitnehmer eine Abfindung, muss er darauf achten, dass er keine Ruhenszeit beim Bezug von Arbeitslosengeld auferlegt bekommt. Eine Ruhenszeit wird angeordnet, wenn
- der Aufhebungsvertrag eine Abfindung vorsieht und
- die Kündigungsfrist abgekürzt wird.
Die Auszahlung des Arbeitslosengeldes erfolgt dann erst, wenn entweder die geltende Kündigungsfrist abgelaufen ist oder der Arbeitnehmer bei fortgesetztem Arbeitsverhältnis 60 % seiner Abfindung verdient hätte.
Der Unterschied zwischen Ruhenszeit und Sperrfrist besteht darin, dass die Sperre zu einer Kürzung der Höhe des Arbeitslosengeldes führt, die Ruhenszeit hingegen den ungekürzten Anspruch lediglich zeitlich auf einen späteren Zeitpunkt verschiebt.
Auch bei einem Abwicklungsvertrag ist eine Sperrzeit möglich. Zwar beendet er das Arbeitsverhältnis nicht unmittelbar. Jedoch trägt er zur Beendigung bei. Entscheidendes Kriterium ist hierbei, ob die Kündigung rechtmäßig war, bejahendenfalls entfällt eine Sperrzeit.
Auch beim Abwicklungsvertrag stellt sich die Frage einer Ruhenszeit, nämlich dann, wenn eine Abfindung gezahlt wird und dies der Grund für ein vorzeitiges Ende des Arbeitsverhältnis – vor Ablauf der Kündigungsfrist – ist.
Im Ergebnis lässt sich sagen, dass beide Verträge den Vorteil haben, dass die Arbeitsvertragsparteien die Folgen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtssicher regeln können. Zu beachten ist indes – vor allem für den Arbeitnehmer –, dass sie so gestaltet werden, dass eine Sperr- und Ruhenszeit beim Bezug von Arbeitslosengeld vermieden wird.