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Das ändert sich 2023 im Arbeits- und Sozialrecht

I. Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Ab 01.01.2023 müssen gesetzlich versicherte Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1a EFZG grds. keinen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mehr bei ihrem Arbeitgeber einreichen. Die Arbeitsunfähigkeitsdaten übermittelt nun der Arzt elektronisch an die Krankenkasse. Aus den Daten wird eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung generiert. Diese kann der Arbeitgeber dann automatisiert bei der zuständigen Krankenkasse abrufen.

Die eAU gilt nicht

  • für privat krankenversicherte Arbeitnehmer,
  • geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten,
  • für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Privatärzte,
  • für eine im Ausland festgestellte Arbeitsunfähigkeit (bzw. Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit),
  • für Eltern, die sich – ärztlich bestätigt – um ein krankes Kind kümmern müssen,
  • bei stufenweiser Wiedereingliederung,
  • bei Rehabilitationsleistungen und
  • bei einem Beschäftigungsverbot.

Bestehen bleibt die Pflicht, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen, z.B. telefonisch, sowie die Arbeitsunfähigkeit zu den schon bislang geltenden Zeitpunkten von einem Arzt feststellen zu lassen (d.h. spätestens am vierten Tag, sofern der Arbeitgeber keinen früheren Zeitpunkt festgelegt hat).

Besteht beim Arbeitgeber ein Betriebsrat, hat er nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG insbesondere dann ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber regeln möchte,

  • wie der Arbeitnehmer die ihm nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG obliegende Anzeigepflicht erfüllen soll,
  • dass der behandelnde Arzt die Arbeitsunfähigkeit vorzeitig feststellt oder
  • dass Personen, die weiter eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen müssen, dies vorzeitig machen müssen oder
  • dass der Arbeitnehmer nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit die wiedererlangte Arbeitsfähigkeit anzeigen oder sogar eine Arbeitsfähigkeitsbescheinigung vorlegen soll.

Quelle: BMAS PM v. 20.12.2022

II. Der neue Hinweisgeberschutz

Der Bundestag hat am 21.12.2022 in zweiter und Dritter Lesung den Entwurf eines Gesetzes zum Hinweisgeberschutz beschlossen. Der Bundesrat wird sich voraussichtlich am 10.2.2023 final mit dem Gesetzentwurf befassen. Voraussichtlich Mitte Mai 2023 wird das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) dann in Kraft treten.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

Persönlicher Anwendungsbereich: Die Neuregelung zum Whistleblowing gilt für alle Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben. Dies können neben Arbeitnehmern auch Beamte, Selbstständige, Anteilseigner oder Mitarbeiter von Lieferanten sein.

Sachlicher Anwendungsbereich: Das Gesetz soll insbesondere für Verstöße gelten, die strafbewehrt sind, sowie für bußgeldbewehrte Verstöße, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib, Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient.

Interne und externe Meldestellen: Die hinweisgebende Person (bzw. der Whistleblower) soll grds. frei wählen können, ob sie die Verstöße gegenüber internen oder externen Stellen meldet.

Pflicht zur Einrichtung von Meldestellen: Beschäftigungsgeber müssen grds. interne Meldestellen einrichten, an die sich Beschäftigte wenden können. Das gilt für Unternehmen oder öffentliche Stellen mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten. Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten müssen die Meldestellen bis zum 17.12.2023 einrichten.

Externe Meldestellen: Beim Bundesamt für Justiz (BfJ) soll eine zentrale externe Meldestelle eingerichtet werden. Daneben sollen die bestehenden Meldesysteme bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie beim Bundeskartellamt als weitere externe Meldestellen mit Sonderzuständigkeiten weitergeführt werden.

Vertraulichkeitsgebot: Die Identität der hinweisgebenden Person darf grds. nur den jeweils für die Bearbeitung einer Meldung zuständigen Personen bekannt sein. Informationen hierüber sollen nur in Ausnahmefällen herausgegeben werden dürfen, etwa in Strafverfahren auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden.

Anonyme Meldungen: Um der Gefahr einer Überlastung des neuen Hinweisgeberschutzsystems vorzubeugen, können die zur Einrichtung von Meldestellen Verpflichteten zunächst frei darüber entscheiden, ob sie anonyme Meldungen ermöglichen. Ab dem 1.1.2025 sind sie allerdings verpflichtet, anonyme Meldungen entgegenzunehmen, zu bearbeiten und eine anonyme Kommunikation mit dem Hinweisgeber zu ermöglichen.

Schutz vor Repressalien: Hinweisgeber sollen wegen ihrer Meldung keine Repressalien befürchten müssen. Unzulässig sind alle ungerechtfertigten Nachteile wie beispielweise eine Kündigung, Abmahnung, Versagung einer Beförderung, geänderte Aufgabenübertragung, Disziplinarmaßnahmen, Diskriminierung, Rufschädigung oder Mobbing.

Schadensersatz: Der hinweisgebenden Person ist bei einem Verstoß gegen das Repressalienverbot der daraus entstehende materielle und immaterielle Schaden zu ersetzen. Sie macht sich im Fall einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschmeldung allerdings auch selbst schadensersatzpflichtig.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.12.2022 16:39

Quelle: Bundestag online

III. Das Lieferkettengesetz

Zum 01.01.2023 tritt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Es gilt zunächst nur für Unternehmen mit Sitz in Deutschland und mindestens 3.000 Beschäftigten. Ab dem 01.01.2024 müssen auch Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten die neuen Vorgaben beachten.

Das Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen in ihren Lieferketten menschenrechtliche und bestimmte umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) setzt das LkSG um und kontrolliert, ob die betroffenen Unternehmen die gesetzlichen Sorgfaltspflichten angemessen erfüllen. Das heißt, die Behörde

  • prüft, ob Unternehmen ihrer Berichtspflicht nachkommen,
  • führt Kontrollen durch, stellt Verstöße fest, beseitigt und verhindert sie und
  • verhängt Zwangs- und Bußgelder.

Um die Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Sorgfaltspflichten zu unterstützen, entwickelt und veröffentlicht das BAFA Handreichungen.

Ab dem 01.01.2023 besteht zudem gem. § 106 Abs. 3 BetrVG n.F. eine ausdrückliche Zuständigkeit des Wirtschaftsausschusses für Fragen der unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten nach dem LkSG.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.12.2022 16:29

Quelle: BMAS PM v. 20.12.2022

IV. Kurzarbeit

Die befristeten Sonderregelungen für das Kurzarbeitergeld werden bis zum 30.6.2023 verlängert. Danach gilt:

  • Erleichterter Zugang zum Kurzarbeitergeld: Anstatt mindestens 1/3 müssen nur mindestens 10 Prozent der Belegschaft eines Betriebs von einem Entgeltausfall betroffen sein. Zudem müssen negativen Arbeitszeitsalden vor Gewährung des Kurzarbeitergeldes aufgebaut werden.
  • Erstreckung auf Leiharbeitnehmer: Auch Leiharbeitnehmer können weiterhin Kurzarbeitergeld beziehen.

Berechnung von Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld bei Grenzgängern

Zum 01.01.2023 wird zudem gesetzlich klargestellt, dass für Grenzgänger in den Fällen, in denen das Besteuerungsrecht für das Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld im Rahmen eines Doppelbesteuerungsabkommens dem Wohnsitzstaat zugebilligt wurde und dieser Staat das Besteuerungsrecht ausübt, das Kurzarbeitergeld bzw. Arbeitslosengeld ohne Abzug einer fiktiven deutschen Lohnsteuer und ohne Abzug des Solidaritätszuschlags zu berechnen ist.

Vereinfachung bei den Abschlussprüfungen der Anträge auf Kurzarbeitergeld aus der Zeit der Corona-Pandemie

Zum 01.01.2023 werden die Abschlussprüfungen der Anträge auf Kurzarbeitergeld aufgrund der COVID-19-Pandemie im Zahlungszeitraum von März 2020 bis Juni 2022 vereinfacht. Abschlussprüfungen erfolgen dann nur grds. noch ab einer Gesamtauszahlungssumme i.H.v. über 10.000 Euro (Kurzarbeitergeld zuzüglich etwaiger Erstattungen der Sozialversicherungsbeiträge) für den jeweiligen Arbeitsausfall; im Übrigen werden Verfahren ohne Abschlussprüfung abgeschlossen. Etwas anderes gilt allerdings bei einem Verdacht auf Missbrauch oder wenn ein Unternehmen die Durchführung einer Abschlussprüfung beantragt hat.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.12.2022 16:21

Quelle: BMAS PM v. 20.12.2022

V. Mitbestimmung bei grenzüberschreitenden Umwandlungen

Zum 31.01.2023 tritt das Gesetz zur Umsetzung der Bestimmungen der Umwandlungsrichtlinie über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen (Richtlinie 2019/2121/EU) in Kraft.

Die mitbestimmungsrechtlichen Regelungen zum grenzüberschreitenden Formwechsel und zur grenzüberschreitenden Spaltung werden in dem neuen Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung (MgFSG) umgesetzt. Daneben erfordern die Neuerungen zum Recht der grenzüberschreitenden Verschmelzung auch punktuelle Änderungen des bereits geltenden Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG).

Nach der Neuregelung verhandelt zur Sicherung der Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer ein aus Arbeitnehmervertretern bestehendes besonderes Verhandlungsgremium mit der Leitung des Unternehmens die Ausgestaltung der unternehmerischen Mitbestimmung in den aus der grenzüberschreitenden Umwandlung resultierenden Gesellschaften. Kommt es nicht zu einer Vereinbarung, so sichern gesetzliche Auffangregelungen die bislang im Unternehmen bestehenden Mitbestimmungsrechte auch in den aus der grenzüberschreitenden Umwandlung resultierenden neuen Gesellschaften.https://online.otto-schmidt.de/db/dokument?id=ag.2022.13.i.0457.01.a

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.12.2022 16:06

Quelle: BMAS PM v. 20.12.2022

VI. Das neue Bürgergeld

Zum 01.01.2023 tritt das Zwölfte Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze (Bürgergeld-Gesetz) in Kraft. Die Umsetzung erfolgt in zwei Schritten: zum 1.1. und zum 1.7.2023. Das Bürgergeld ersetzt das bisherige Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld.

Änderungen zum 01.01.2023:

  • Die Angemessenheit der Wohnung wird erst nach zwölf Monaten (Karenzzeit) geprüft. Bis dahin werden die tatsächlichen Kosten der Wohnung übernommen. Die Karenzzeit gilt nicht für Heizkosten. Diese werden von Beginn an nur in angemessenem Umfang erstattet.
  • In den ersten zwölf Monaten (Karenzzeit) bleibt das Vermögen bis zu 40.000 Euro für die erste Person der Bedarfsgemeinschaft geschützt. Für jede weitere Person der Bedarfsgemeinschaft erhöht sich dieser Freibetrag um jeweils 15.000 Euro.
  • Nach der Karenzzeit gilt ein Vermögensfreibetrag von 15.000 Euro für jede Person der Bedarfsgemeinschaft. Rücklagen für die Altersvorsorge Selbstständiger und selbstgenutztes Wohneigentum werden ebenfalls besser geschützt.
  • Der sog. Vermittlungsvorrang wird abgeschafft. Damit stehen Weiterbildung und der Erwerb eines Berufsabschlusses stärker im Vordergrund. Zudem wird der Zugang zu Förderungen tragfähiger Existenzgründungen vereinfacht.
  • Minderungen des Bürgergeldes sind ab Jahresbeginn wieder möglich, wenn Menschen ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen oder sie nicht zu Terminen erscheinen. Werden Termine ohne wichtigen Grund versäumt, kann der Regelbedarf um 10 Prozent für einen Monat gemindert werden. Werden Mitwirkungspflichten verletzt, kann der Regelbedarf zunächst um zehn Prozent für einen Monat, bei einer zweiten Pflichtverletzung um 20 Prozent für zwei Monate und in der letzten Stufe um 30 Prozent für drei Monate gemindert werden.
  • Minderjährige, die Grundsicherungsleistungen zurückzahlen müssen, weil diese zu Unrecht gewährt wurden, bekommen diese Überzahlung bei Eintritt der Volljährigkeit bis zur Höhe von 15.000 Euro an Vermögen erlassen.
  • Bis zu einer Bagatellgrenze von 50 Euro pro Bedarfsgemeinschaft werden keine aufwändigen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide mehr erlassen. Die Jobcenter verzichten auf daraus resultierende Rückforderungen.
  • Ältere erwerbsfähige Leistungsberechtigte müssen nicht vorzeitig Altersrente in Anspruch nehmen.
  • Die Sonderregelung, nach der ältere Leistungsberechtigte nach 12 Monaten Leistungsbezug ohne Beschäftigungsangebot nicht mehr als arbeitslos gelten, wird aufgehoben.
  • Es gibt in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht mehr entweder Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, sondern einheitlich Bürgergeld. Behörden haben bis Mitte 2023 Zeit, um Formulare anzupassen.

Änderungen zum 01.07.2023:

  • Die Freibeträge für alle Erwerbstätigen werden verbessert. Bei einem Einkommen zwischen 520 und 1.000 Euro dürfen 30 Prozent davon behalten werden.
  • Junge Menschen dürfen das Einkommen aus Schüler- und Studentenjobs und aus einer beruflichen Ausbildung genauso wie das Taschengeld aus einem Bundesfreiwilligendienst oder Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) bis zur Minijob-Grenze (derzeit 520 Euro) behalten. Einkommen aus Schülerjobs in den Ferien bleibt gänzlich unberücksichtigt. Ehrenamtlich tätige Menschen können jährlich bis zu 3.000 Euro der Aufwandsentschädigung behalten.
  • Der Kooperationsplan ersetzt die formale Eingliederungsvereinbarung. Er wird schrittweise bis Ende 2023 die auslaufenden Eingliederungsvereinbarungen ablösen.
  • Bürgergeld-Beziehende können ein ganzheitliches Coaching als neues Angebot in Anspruch nehmen. Das Coaching kann auch ausbildungs- oder beschäftigungsbegleitend erfolgen.
  • Die Weiterbildungsprämien für erfolgreiche Zwischen- oder Abschlussprüfungen im Rahmen von berufsabschlussbezogenen beruflichen Weiterbildungen werden entfristet.
  • Neu eingeführt wird ein zusätzliches monatliches Weiterbildungsgeld i.H.v. 150 Euro für Arbeitslose und Beschäftigte, die Bürgergeld beziehen, während einer berufsabschlussbezogenen Weiterbildung.
  • Für andere Maßnahmen, die für eine nachhaltige Integration besonders wichtig sind, gibt es einen monatlichen Bürgergeldbonus von 75 Euro.
  • Es besteht die Möglichkeit, mehr Zeit zum Lernen zu bekommen. Das Nachholen eines Berufsabschlusses kann bei Bedarf auch unverkürzt gefördert werden.
  • Die Förderung für den Erwerb von Grundkompetenzen, z.B. bessere Lese-, Mathematik- oder IT-Kenntnisse, wird erleichtert.
  • Die Anforderungen an die Erreichbarkeit von Leistungsbeziehenden wird an die Möglichkeiten moderner Kommunikation angepasst.
  • Mutterschaftsgeld wird nicht mehr als Einkommen berücksichtigt.
  • Erbschaften zählen nicht mehr als Einkommen, sondern als Vermögen.
  • Bei einer medizinischen Reha muss kein Übergangsgeld mehr beantragt werden; das Bürgergeld wird weitergezahlt.

Im SGB III wird der Arbeitslosenversicherungsschutz für Personen, die während einer Weiterbildung Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung erhalten, durch eine längere Mindestrestanspruchsdauer nach Ende der Weiterbildung verbessert.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.12.2022 16:03

Quelle: BMAS PM v. 20.12.2022

VII. Neue Regelbedarfe

Zum 01.01.2023 steigen die Regelbedarfsstufen (RBS) wie folgt:

  • Alleinstehende und alleinerziehende Leistungsberechtigte: 502 Euro (RBS 1)
  • Zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben: jeweils: 451 Euro (RBS 2)
  • Sonstige erwerbsfähige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft, sofern sie das 18. Lebensjahr vollendet haben: 402 Euro (RBS 3)
  • Erwachsene Leistungsberechtige unter 25 Jahren, die ohne Zusicherung des Jobcenters umziehen: 402 Euro (RBS 3)
  • Jugendliche im 15. Lebensjahr bis unter 18 Jahre: 420 Euro (RBS 4)
  • Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres: 348 Euro (RBS 5)
  • Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres: 318 Euro (RBS 6)
  • Für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf ergibt sich zudem für das erste Schulhalbjahr 2023 eine Erhöhung auf 116 Euro und für das zweite Schulhalbjahr eine Erhöhung auf 58 Euro.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.12.2022

Quelle: BMAS PM v. 20.12.2022

VIII. Insolvenzgeld-Umlage, Beitragssatz zur Arbeitsförderung und Arbeitsbescheinigungen

Im Jahr 2023 beträgt der Umlagesatz für das Insolvenzgeld 0,06 Prozent. Der neue Beitragssatz zur Arbeitsförderung beläuft sich auf 2,6 Prozent. Die befristete Senkung des Beitragssatzes für die Jahre 2020 bis 2022 läuft am 31.12.2022 aus.

Online-Arbeitsbescheinigungen für die Arbeitsagenturen

Ab dem 01.01.2023 können Arbeitgeber die für einen Anspruch auf Leistungen erforderliche Arbeitsbescheinigung elektronisch an die Agentur für Arbeit übermitteln. Die Bescheinigung in Papierform entfällt. Die Arbeitnehmer erhalten von der Agentur für Arbeit einen Nachweis der vom Arbeitgeber übermittelten Daten. Für Arbeitgeber entfällt dann die bisherige Pflicht, Beschäftigte über die elektronische Übermittlung der Daten zu informieren.

Arbeitslosengeld für überwiegend kurz befristet Beschäftigte

Zum 01.01.2023 können überwiegend kurz befristet Beschäftigte (insbesondere Kunst- und Kulturschaffende) dauerhaft unter erleichterten Bedingungen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen. Für diesen Personenkreis reichen bereits Versicherungspflichtzeiten von sechs anstatt zwölf Monaten innerhalb der letzten 30 Monate vor der Arbeitslosigkeit aus.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.12.2022

Quelle: BMAS PM v. 20.12.2022

IX. Rentenrecht

Der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt ab dem 01.01.2023 weiterhin 18,6 Prozent in der allgemeinen Rentenversicherung und 24,7 Prozent in der knappschaftlichen Rentenversicherung.

Renteneintrittsalter
Im Zuge der schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters in der gesetzlichen Rentenversicherung seit 2012 („Rente mit 67“) steigen die Altersgrenzen um einen weiteren Monat. Versicherte, die 1957 bzw. 1958 geboren sind und für die keine Vertrauensschutzregelungen gelten, erreichen die Regelaltersgrenze mit 65 Jahren und elf Monaten bzw. mit 66 Jahren. Für die folgenden Geburtsjahrgänge erhöht sich die Regelaltersgrenze um je zwei Monate pro Jahrgang. Für die Jahrgänge 1964 und jünger liegt die Regelaltersgrenze dann bei 67 Jahren.

Verbesserte Absicherung bei Erwerbsminderung
Bezieher einer Erwerbsminderungsrente werden so gestellt, als hätten sie über den Eintritt der Erwerbsminderung hinaus weitergearbeitet wie zuvor (Zurechnungszeit). Die Zurechnungszeit wird in Anlehnung an die Anhebung der Regelaltersgrenze bis zum Jahr 2031 schrittweise bis auf 67 Jahre verlängert. Bei einem Beginn der Erwerbsminderungsrente im Jahr 2023 endet die Zurechnungszeit mit 66 Jahren.

Hinzuverdienstgrenzen bei Alters- und Erwerbsminderungsrenten
Die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten entfällt ab dem 1.1.2023 ersatzlos. Bei Renten wegen Erwerbsminderung werden die Hinzuverdienstgrenzen ab dem 1.1.2023 deutlich angehoben:

Die jährliche Hinzuverdienstgrenze für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beträgt dann 17.823,75 Euro.

Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beläuft sich die neue pauschale jährliche Hinzuverdienstgrenze auf 35.647,50 Euro.

Daneben gilt – wie bisher – die individuelle Hinzuverdienstgrenze weiter, die sich am höchsten Verdienst der letzten 15 Jahre vor dem Eintritt der Erwerbsminderung orientiert.

Gleiches gilt grds. für die Alterssicherung der Landwirte.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.12.2022 15:53

Quelle: BMAS PM v. 20.12.2022

X. Die neuen Sozialversicherungsrechengrößen und Sachbezugswerte

Mit der Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2023 wurden die Rechengrößen der Sozialversicherung gemäß der Einkommensentwicklung im vergangenen Jahr turnusgemäß wie folgt angepasst:

  • Beitragsbemessungsgrenze allgemeine Rentenversicherung: 7.300 €/Monat bzw. 87.600 €/Jahr (West) und 7.100 €/Monat bzw. 85.200 €/Jahr (Ost)
  • Beitragsbemessungsgrenze knappschaftliche Rentenversicherung: 8.950 €/Monat bzw. 107.400 €/Jahr (West) und 8.700 €/Monat bzw. 104.400 €/Jahr (Ost)
  • Beitragsbemessungsgrenze Arbeitslosenversicherung: 7.300 €/Monat bzw. 87.600 €/Jahr (West)und 7.100 €/Monat bzw. 85.200 €/Jahr (Ost)
  • Versicherungspflichtgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung: bundeseinheitlich 5.550 €/Monat bzw. 66.600 €/Jahr
  • Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung: bundeseinheitlich 4.987,50 €/Monat bzw. 59.850 €/Jahr
  • Bezugsgröße in der Sozialversicherung: 3.395 €/Monat bzw. 40.740 €/Jahr West (in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gelten diese Werte bundeseinheitlich) und 3.290 €/Monat bzw. 39.480 €/Jahr (Ost)
  • Vorläufiges Durchschnittsentgelt/Jahr in der Rentenversicherung: bundeseinheitlich 43.142 €
  • Endgültiges Durchschnittsentgelt 2021 in der Rentenversicherung: bundeseinheitlich 40.463 €

Mindestbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung
Der Mindestbeitrag zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1.1.2023 beträgt 96,72 Euro monatlich.

Künstlersozialversicherung
2023 beträgt der Abgabesatz in der Künstlersozialversicherung 5,0 Prozent (2022: 4,2 Prozent).

Alterssicherung der Landwirte
Der Beitrag in der Alterssicherung der Landwirte beträgt 2023 monatlich 286 Euro (West) bzw. 279 Euro (Ost).

Übergangsbereich, Faktoren F und FÜ 2023
Die Obergrenze des Übergangsbereichs wird zum 1.1.2023 von 1.600 Euro auf 2.000 Euro monatlich angehoben. Ab dem 1.1.2023 beträgt für Beschäftigte im Übergangsbereich

  • mit einem Entgelt zwischen 520,01 Euro bis 2.000 Euro im Monat der Faktor F 0,6922,
  • mit einem Entgelt zwischen 450,01 Euro bis 520,00 Euro im Monat (Bestandsschutz) der Faktor FÜ 0,7417.

Sachbezugswerte 2023
Der Wert für Verpflegung steigt 2023 von 270 Euro auf 288 Euro (Frühstück auf 60 Euro, Mittag- und Abendessen auf jeweils 114 Euro). Der Wert für Mieten und Unterkunft erhöht sich um 10,1 Prozent von 241 Euro auf 265 Euro.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.12.2022 15:50

Quelle: BMAS PM v. 20.12.2022

XI. Neuregelungen in der Sozialhilfe nach dem SGB XII

Ab dem 01.01.2023 gelten folgende neue Regelbedarfe in der Sozialhilfe nach dem SGB XII und für die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz:

  • Alleinstehende und alleinerziehende Leistungsberechtigte: 502 Euro (Regelbedarfsstufe [RBS] 1)
  • Zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben: jeweils: 451 Euro (RBS 2)
  • Sonstige erwerbsfähige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft, sofern sie das 18. Lebensjahr vollendet haben: 402 Euro (RBS 3)
  • Erwachsene Leistungsberechtige unter 25 Jahren, die ohne Zusicherung des Jobcenters umziehen: 402 Euro (RBS 3)
  • Jugendliche im 15. Lebensjahr bis unter 18 Jahre: 420 Euro (RBS 4)
  • Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres: 348 Euro (RBS 5)
  • Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres: 318 Euro (RBS 6)
  • Für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf ergibt sich zudem für das erste Schulhalbjahr 2023 eine Erhöhung auf 116 Euro und für das zweite Schulhalbjahr eine Erhöhung auf 58 Euro.

Karenzzeit hinsichtlich der Unterkunft
Bei den Bedarfen für die Unterkunft wird eine einjährige Karenzzeit eingeführt. Während dieser Karenzzeit sind die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft in voller Höhe bei der Berechnung der Leistungen zu berücksichtigen, auch wenn sie unangemessen sind. Die Karenzzeit beginnt ab dem Ersten des Monats, für den erstmals Leistungen nach dem SGB XII bezogen werden. Für Personen, die bereits 2022 Leistungen nach dem SGB XII bezogen haben, gilt ab dem 1.1.2023 ebenfalls eine einjährige Karenzzeit. Die Karenzzeit gilt ausschließlich für die Bedarfe für Unterkunft. Für die Bedarfe für Heizung bleibt es damit auch während der Karenzzeit bei den angemessenen Aufwendungen.

Veränderungen bei der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen

  • Im Rahmen des SGB XII ist zukünftig ist Mutterschaftsgeld nach § 19 MuSchG nicht mehr als Einkommen zu berücksichtigen.
  • Einkommen von Schülern oder Auszubildenden wird künftig ebenso weitgehend freigestellt: Vollständig anrechnungsfrei bleiben Einnahmen von Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen unter 25 Jahre aus Erwerbstätigkeiten in den Schulferien, während Einnahmen aus Erwerbstätigkeiten während der Schulzeit i.H.v. bis zu 520 Euro monatlich nicht zu berücksichtigen sind.
  • Ebenfalls bleibt ein Betrag i.H.v. 520 Euro anrechnungsfrei bei leistungsberechtigen Personen unter 25 Jahren, die eine nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung absolvieren oder eine nach § 57 Absatz 1 SGB III dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 SGB III dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a SGB III geförderte Einstiegsqualifizierung durchlaufen.
  • Daneben bleiben Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nr. 12, 26 und 26a EStG steuerfrei sind, ab dem 1.1.2023 bis zu einem Jahresbetrag von 3.000 Euro von dem anrechenbaren Einkommen ausgenommen.
  • Einkünfte aus Erbschaften werden als Einkommen künftig nur in dem Monat des tatsächlichen Zuflusses berücksichtigt. Im Folgemonat stellen Erbschaften dann Vermögen dar, das wie bisher zu prüfen und ggf. vorrangig für die Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen ist.
  • Mit dem Bürgergeld-Gesetz wird auch die Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII geändert und der Vermögensschonbetrag von bisher 5.000 Euro auf 10.000 Euro angehoben.
  • Ab dem neuen Jahr wird zudem ein angemessenes Kraftfahrzeug dem geschützten Vermögen im SGB XII zugeordnet. Angemessen ist ein Kraftfahrzeug, wenn es einen Verkehrswert von 7.500 Euro nicht überschreitet.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.12.2022 15:43

Quelle: BMAS PM v. 20.12.2022